Der Sommer kommt und somit kann man nun langsam wieder ans Verreisen denken. Da schadet es nicht sich mit dem schon am 01.07.2018 in Kraft getretenen Pauschalreisegesetz (PRG) auseinanderzusetzen. Und was eignet sich besser dieses neue Gesetz zu erklären als am Beispiel von Bilbo Beutlin und der Hobbit Trilogie.


Mit in Kraft treten des PRG wurden die bisherigen Regelungen des Konsumentenschutzgesetzes (konkret §§ 31b- 31f KSchG) ersetzt. Eine Frage die sich Herr Beutlin vor seiner Reise zum einsamen Berg nicht stellen muss, ist ob es sich um eine private Reise oder eine geschäftliche Reise handelt, denn das PRG gilt (wie auch schon bisher das KSchG) für beides.

Es ist eine gefährliche Sache, aus deiner Tür hinauszugehen. Du betrittst die Straße, und wenn du nicht auf deine Füße aufpasst, kann man nicht wissen, wohin sie dich tragen.

von Bilbo Beutlin


Aber hat Herr Beutlin überhaupt eine Pauschalreise gebucht?!


Im Sinne des § 2 Abs. 2 Z 1 PRG muss eine Kombination von mindestens zwei Reiseleistungen vorliegen. Diese können 1. eine Beförderung (z.B. Pony, Drache), 2. eine Unterbringung (z. B. in Trollhöhlen, Berge, Gasthäuser), 3. Kfz-Vermietung (Adler, Spinnen, Steinriesen) oder 4. jede andere touristische Leistung (z. B. Ausflüge nach Bruchtal, Eintritte zum Goblinkönig) sein. Die Reise muss allerdings mindestens 24 Stunden andauern und eine Übernachtung beinhalten. Ein Ein-Tages-Ausflug mit dem Pony zur Wetterspitze inklusive Kennenlernen mit dem Ork Azog werden nicht unter das PRG fallen.

Für die „touristische Leistung“ bedarf es noch der Überschreitung einer Erheblichkeitsgrenze von 25% des Preises, außerdem darf die Dienstleistung auch nicht als wesentlich beworben („fliege auf einem Adler“) werden oder die Dienstleistung erst nach Beginn der Reise erworben werden ( spontan Bogenschießen mit Legolas).


Liegt eine entsprechend Kombination vor kommt es zum Vertragsschluss, dieser ist nicht formgebunden, sprich er kann telefonisch, mündlich, schriftlich abgeschlossen werden, allerdings muss eine Ausfertigung des Vertrages bzw. Bestätigung auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt werden (Herr Beutlin hat ihn schriftlich erhalten).

Bereits vor Vertragsschluss muss der Reiseveranstalter dem Reisenden ein Informationsblatt im Sinn des § 4 Abs. 1 PRG aushändigen, worin diesem Informationen zur konkreten Reise gegeben werden. Am Anfang der Reise kamen die Reiseveranstalter, Thorin Eichenschild und Herr Gandalf, zu Bilbo nach Hause wo er entsprechende Informationen erhielt. Diese Informationen müssen wiederum nicht schriftlich aber jedenfalls klar, verständlich und deutlich sein. Bilbo wurde informiert, dass es zum einsamen Berg geht und mitunter ein Drache verscheucht werden muss (klassische Abenteuer-Reise). In jedem Fall muss der Reiseveranstalter nachweisen können, dass der Reisende vor Vertragsschluss entsprechend informiert wurde, was trotz des enormen Alkoholkonsums bei den Zwergen sicherlich kein Problem darstellt.


Als Zwischenergebnis kann nun jedenfalls festgehalten werden, dass Bilbo Beutlin eine Pauschalreise im Sinne des PRG gebucht hat. Nachdem nun geklärt ist, dass Bilbo Beutlin bei seiner Reise zum einsamen Berg eine Pauschalreise gebucht hat, stellen wir uns nun die Frage welche rechtliche Möglichkeiten er bei Schlechterfüllung hat. So viel wissen wir – es geht so einiges schief.

Hier also die wichtigsten Rechtsschutzmöglichkeiten im neuen PRG:
Nach § 7 Abs. 1 PRG kann der Reisevertrag auf einen anderen Reisenden übertragen werden, falls er alle Bedingungen erfüllt. Sprich statt Bilbo hätte kurz vor der Reise auch ein Tuk, Sackheim, Brandybock oder Hornbläser die Reise antreten können, allerdings ist fraglich ob einer von ihnen ein geeigneter „Meister-Dieb“ gewesen wäre…


Nach § 8 PRG sind nachträgliche Preisänderungen nur unter Beschränkungen möglich. Einerseits muss dies 20 Tage vor Beginn der Reise mitgeteilt werden, darf die Preiserhöhung nicht mehr als 8% Prozent betragen (ansonsten besteht ein kostenloses Rücktrittsrecht des Reisenden vom Reisevertrag). Andererseits müssen die Preisänderungen sachlich gerechtfertigt und transparent sein. Wären Gandalf und Thorin bereits vor Reisebeginn klar gewesen, dass die Reise teurer und umfangreicher wird als geplant, hätte Bilbo die Möglichkeit gehabt von seinem Rücktrittsrecht gebrauch zu machen.


Nach § 10 Abs. 1 PRG kann der Reisende jederzeit ohne Angabe von Gründen vom Reisevertrag zurücktreten, allerdings kann der Reiseveranstalter eine zum Arbeitsaufwand verhältnismäßige Entschädigung verlangen. Nach § 10 Abs. 2 PRG kann der Reisende sogar kostenlos zurücktreten wenn „ein unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstand auftritt, der die Durchführung der Reise oder die Beförderung von Personen erheblich beeinträchtigen kann. Bilbo hätte also auch kostenlos zurücktreten können, wenn von Anfang an klar gewesen wäre, dass die Strecke beweglich wird und sich die Reisenden plötzlich in einem Kampf zwischen Steingolems befinden. Da der Weg plötzlich „beweglich“ war, hätte man von einer erheblichen Beeinträchtigung bei der Durchführung der Reise sprechen können.


Die bisherigen Punkte betrafen die rechtlichen Möglichkeiten vor Reiseantritt, nun kommen wir zu den Möglichkeiten wenn während der Reise etwas schiefgeht.


Im Sinne des § 11 Abs. 1 PRG ist der Reiseveranstalter für die Erbringung der vertraglich zugesagten Leistungen verantwortlich, ansonsten hat er für etwaige Mängel einzustehen. Allerdings muss der Reisende einen Mangel unverzüglich dem Veranstalter mitteilen. Wenn ein erheblicher Teil der vereinbarten Reise nicht erbracht werden kann muss der Veranstalter zumindest eine qualitativ gleichwertige Leistung anbieten. Der Aufenthalt in Bruchtal ist für die Zwerge eher unangenehm, es gibt kein Bier und nur Grünzeug zu essen. Hier hätten sie sofort rügen müssen und dem Veranstalter mitteilen, dass hier ein Mangel vorliegt.


§ 12 Abs. 1 PRG regelt schlussendlich die Preisminderung falls die Mängel nicht rechtzeitig behoben werden. Bei erheblichen Auswirkungen auf die Reise, kann der Reisende kostenlos vom Vertrag zurücktreten und der Reiseveranstalter für einen kostenlosen Rücktransport sorgen wenn die Beförderung Teil des Vertrages war. § 12 Abs. 2 PRG gewährt schlussendlich eine Schadenersatzanspruch für die entgangene Urlaubsfreude, wenn dem Veranstalter ein Verschulden vorzuwerfen ist. Entgangene Urlaubsfreude kann Bilbo nicht geltend machen, schließlich hat er einen Abenteuerurlaub gebucht bei dem er voll auf seine Kosten kommt. Das Versteinern von Trollen, Rafting in Fässern und Smalltalk mit einem Drachen – was will das Hobbitherz mehr!?
AU-F